Darmbeschwerden kosten Lebensqualität

Die Idee zu wellspring. kam nicht aus heiterem Himmel. Zwei unserer Teammitglieder sind selbst vom Reizdarmsyndrom betroffen und wissen um die daraus relultierenden Probleme im Alltag. Deshalb ist uns dieses Thema auch besonders wichtig und wir haben von Herrn FH-Prof. Priv.-Doz. Dr. Julian Weghuber, Berater für Nahrungs- und Nahrungsergänzungsmittel, funktionelle Lebensmittel und Kosmetikprodukte, ein Konzept über Nahrungsergänzungsmittel zur Linderung der Symptome bei RDS und Darmbeschwerden ausarbeiten lassen.

Ausgangssituation

Beim Reizdarmsyndrom handelt es sich hauptsächlich um eine Störung der Darm-Hirn-Achse, oftmals unter Beteiligung von immunologischen Prozessen. Das Auftreten von mittleren und schweren Verläufen ist immer mit einem Besuch beim Arzt verbunden, um andere schwerwiegende Erkrankungen ausschließen zu können.
Klar ist, dass psychische Faktoren (Stichwort Stress und psychische Erkrankungen) Fehlfunktionen des Darmnervensystems maßgeblich verursachen bzw. beeinflussen können. Deshalb ist bei Behandlungsstrategien hier auch als erstem Schritt anzusetzen.
Allerdings haben viele Menschen stärkere Symptome, wenn sie bestimmte Lebensmittel oder Getränke essen oder trinken, darunter Weizen, Milchprodukte, Zitrusfrüchte, Bohnen, Kohl, Milch und kohlensäurehaltige Getränke. Deshalb macht eine Anpassung der Nahrung bzw. das Weglassen mancher Lebensmittel Sinn.
Da das Reizdarmsyndrom oftmals mit einer erhöhten Darmdurchlässigkeit verbunden ist („leaky gut“), sollte ein erster Schritt immer eine Anpassung der Ernährungs- und auch Lebensweise sein. Pharmazeutische Produkte, falsche Diäten, Alkohol, etc. schädigen einerseits die Darmbarriere, deren Inhaltsstoffe können andererseits durch einen leaky gut stärker durch die Darmwand eindringen und Entzündungen verursachen. Auch Bakterien und toxische mikrobielle Substanzen dringen vermehrt ein und schädigen den Organismus. Ein gesünderer Lebensstil kombiniert mit einer gesunden Ernährung ist deshalb von großer Bedeutung.
Da eine optimale und gesunde Ernährung bzw. ein gesunder Lebensstil eine Herausforderung darstellen, bieten manche, meistens pflanzliche, Inhaltsstoffe bzw. Extrakte und deren bioaktive Inhaltsstoffe („Botanicals“ bzw. „Phytochemicals“) interessante Möglichkeiten, um die Symptome des Reizdarmsyndroms zumindest zu mildern.
 

Ballaststoffe

Ballaststoffe sind primär unverdauliche Nahrungsbestandteile, die vorwiegend in pflanzlichen Lebensmitteln vorkommen. Ballaststoffe gelten mittlerweile, ganz anders als die Bezeichnung vermuten lässt, als wichtiger Bestandteil der menschlichen Ernährung. Ballaststoffe können aber auch gezielt eingesetzt werden, um gesundheitliche Vorteile zu erzielen.
In Bezug auf das Reizdarmsyndrom ist wichtig, dass eine positive Wirkung eher nur mit löslichen Ballaststoffen erzielen lässt. Unlösliche Ballaststoffe (z.B. Weizenkleie) hingegen, wirken sogar kontraproduktiv, da sie zwar bei Obstipation (Verstopfung) helfen können, doch verursachen sie auch Blähungen und können so die Schmerzen noch verstärken.
Eine wissenschaftlich auch belegte positive Wirkung (da gibt es auch Meta-Studien dazu) geht von Flohsamenschalen (Psyllium) aus. Diese verbessern die Symptome und reduzieren den auftretenden Schmerz. Hinter dem positiven Effekt auf den Darm steckt der hohe Anteil an Schleim- und Ballaststoffen (Polysaccharide), die sich vor allem in der äußersten Schicht der Körner befinden. Siehe dazu auch die Wirkung des Arznei-Eibisch in Kapitel 3. Wesentlich ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, sonst treten Probleme auf.
Von Vorteil ist, dass sich Flohsamen auch gut als Regulans eignen: Bei Verstopfung mit viel Wasser getrunken, quellen sie auf und regen die Darmperistaltik an. Sie wirken dadurch mild abführend. Bei Durchfall mit wenig Wasser getrunken binden sie überschüssiges Wasser im Darm und steigern dadurch die Stuhlkonsistenz. Dies ist deshalb von Bedeutung, da das Reizdarmsyndrom sowohl mit Verstopfung als auch Durchfall verbunden ist.

Pro- und Präbiotika und Synbiotika

Probiotika sind lebende „positive“ Bakterien (z.B. Milchsäurebakterien) bzw. auch Pilze (Hefen), die sich fördernd auf die Verdauung auswirken können. Hilfreich sind diese insbesondere auch deswegen, weil sie schädliche Bakterien im Verdauungstrakt eindämmen können.
Der genaue Wirkmechanismus der verwendeten Bakterien ist nur teilweise erforscht. Es gilt als gesichert, dass sie zum Teil das Mukosa-Immunsystem stimulieren bzw. modulieren, das auch als MALT (mucosa associated lymphatic tissue) bezeichnet wird. Dadurch wird über verschiedene Mechanismen auch die Produktion von sekretorischen Immunglobulinen A, die z. B. ins Darmlumen abgeschieden werden oder sich auf allen Schleimhäuten befinden, stimuliert, was der Immunabwehr zugutekommt. Weiterhin gibt es eine sog. Kolonisationsresistenz, was bedeutet, dass probiotische Bakterien anti-bakterielle Stoffe produzieren, die das Wachstum anderer konkurrierender Bakterien hemmen.
Im Fall von Nahrungsergänzungsmitteln enthalten diese meistens mehrere Millionen bis Milliarden lebensfähige Bakterien in Pulverform. Die meisten Präparate enthalten Bifidobakterien und Laktobakterien, deren positive Wirkung als wissenschaftlich belegt gilt. Wesentlich ist, dass die Wahl der Bakterienstämme entscheidend ist, da nur ausgewählte Stämme die gewünschte Wirkung erzielen können. Als sehr populär gilt der L. acidophilus, zu dessen Wirkung es zahlreiche Studien gibt. Zu beachten ist, dass die Darreichung der Probiotika (bei NEM meistens in Pulverform) große Auswirkung auf die Lebensfähigkeit der Bakterien hat.
Präbiotika sind Substanzen die selektiv von Wirtsmikroorganismen genutzt werden und einen gesundheitlichen Nutzen vermitteln können. Viele Präbiotika sind Kohlenhydrate, aber auch Nicht-Kohlenhydrate können als Präbiotika verwendet werden. Sie stellen im Idealfalle eine selektive Nahrungsgrundlage für Darmbakterien wie Laktobazillen und Bifidobakterien dar und
können auf diese Weise gezielt die Zusammensetzung der Darmflora positiv beeinflussen. Präbiotische Eigenschaften wurden für die Di-, Oligo- und Polysaccharide Inulin, Lactulose, Lactitol, Raffinose, Stachyose sowie weitere Fructane und Oligofructose nachgewiesen. Es ist jedoch zu beachten, dass diese meistens als FODMAPs (fermentable oligo-, di-, monosaccharides and polyols) definiert und deshalb in Bezug auf das Reizdarmsyndrom nicht unumstritten sind. Industriell können Präbiotika aus unterschiedlichen Ausgangsstoffen hergestellt werden. Inulin und Oligofructose werden vorwiegend aus der Wurzelzichorie (Chicorée) gewonnen. Andere anerkannte Präbiotika wie Lactulose oder Galactooligosaccharide (GOS) werden hingegen aus Lactose (Milchzucker) hergestellt bzw. aus Milch isoliert.
Synbiotika entstehen durch eine gezielte Kombination von Probiotika mit Präbiotika.

Bioaktive Pflanzenstoffe (Reihung ohne Wertung)

Die Reihung der Extrakte erfolgt ohne Wertung. Grundsätzlich sind viele der genannten pflanzlichen Rohstoffe hinsichtlich ihrer Funktionalität umstritten. Die Daten stammen oftmals aus in-vitro bzw. Tierversuchen und weniger von Humanstudien. Bei Humanstudien sind die Effekte teilweise nicht signifikant. Das liegt vermutlich auch daran, dass die Wirkung nicht übermäßig groß ist (z.B. bei Aloe Vera) und dadurch eine sehr hohe Anzahl an Probanden nötig wäre, um Signifikanz zu erreichen. Das heißt aber nicht, dass nicht doch eine gewisse Anzahl an Menschen Vorteile aus einer Supplementierung erreichen kann. Es gibt aber auch Humanstudien (bzw. sogar Meta-Studien), die eine positive Wirkung belegen, z.B. bei Pfefferminzöl.

Olivenblatt-Extrakt

Vorwiegend zur Behandlung bei Beschwerden von Sodbrennen, kann Olivenblatt-Extrakt jedoch auch generell in Bezug auf Beschwerden des Gastrointestinaltrakts angewendet werden und Linderung bringen.

Kümmel-, Anis- und Fenchelextrakt

Die positive Wirkung geht primär von deren ätherischen Ölen aus. Der Gehalt von ätherischen Ölen beträgt meist nur 1-5% am Rohmaterial. Es gibt hier Arzneimittel am Markt, aber auch verschiedene Nahrungsergänzungsmittel.

Pfefferminze

Eine Supplementierung mit Pfefferminzöl führt oftmals zu einer Verbesserung auf Basis der entkrampfenden Wirkung. Es führt zu einer Entspannung der glatten Muskulatur der Darmwand. Zusätzlich hat Menthol eine positive Wirkung, da es einen Anti-Schmerz-Kanal in den Wänden des Dickdarms stimuliert und dadurch die Schmerzwahrnehmung reduziert.

Schlafbeere

Bekannt unter dem Decknamen „Ashwagandha“, bzw. „indischer Ginseng. Wird in verschiedenen NEMs eingesetzt. Primäres Target sind die Reduktion von Stress, sowie Muskelaufbau und Erholung. Hier gibt es auch wissenschaftliche Studien dazu.

Kamille

Extrakte aus der Kamille sind potentiell interessant, da sie eine Reizung der Darmschleimhaut verringern. Die Wirkstoffe können weiters zur Entspannung der Darmmuskulatur beitragen und dadurch Krämpfe lindern. Bekannt ist eine entzündungshemmende Wirkung der Kamille, vermutlich auf Basis der Reduktion von oxidativem Stress (reduzierte Produktion von ROS, sprich Oxidantien).

Aloe Vera

Extrakte könnten einerseits das Wachstum von Probiotika im Darm unterstützen, quasi als Nährboden auf der Darmschleimhaut. Andererseits wird berichtet, dass Aloe Vera eine entzündungshemmende sowie anti-bakterielle Wirkung im Darm haben kann.

Echter Eibisch (Arznei-Eibisch)

Die Wirkstoffe (Schleimstoffe) der Heilpflanze stecken vor allem in den Eibischwurzeln, aber auch in den Blättern. Dies ist bei entsprechenden Extrakten zu beachten. In der Eibischwurzel stecken vor allem die Schleimstoffe Glucane, Arabinogalactane und Rhamnogalacturonane, bzw. Galacturonorhamnane in den Blättern, die sich über Schleimhäute legen und dadurch eine „beruhigende“ – sprich anti-inflammatorische – Wirkung erzielen können.

Kurkuma

Extrakte aus Kurkuma (indische Gelbwurz) weisen antibakterielle, entzündungshemmende sowie krampflösende Eigenschaften auf. Zusätzlich können die Inhaltsstoffe Calciumkanäle blockieren und so schmerzauslösende Muskelkontraktionen verhindern. Problematisch ist bei Curcuma die geringe Bioverfügbarkeit, daher ist es wesentlich auf Rohstoffe/Extrakte zurückzugreifen, die diesbezüglich bessere Eigenschaften aufweisen. Diesbezüglich kann z.B. mikroverkapseltes oder modifiziertes Curcumin (cyclo-Dextrin gekoppelt) von Vorteil sein. Es gibt auch Rohstoffe am Markt die eine stark erhöhte Löslichkeit und damit bessere Bioverfügbarkeit aufweisen.

CBD

Es gibt zahlreiche Berichte über die angeblich positive Wirkung von CBD in Bezug auf IBS. Wesentlich dabei ist das eigene Cannabinoid-System (ECS) des menschlichen Körpers. Der Körper benötigt es zum Ausgleich unserer Emotionen, Schmerzen und Entzündungen. Es hat sich gezeigt, dass Patienten mit Reizdarmsyndrom einen Endocannabinoid-Mangel haben, der zu vermehrten Entzündungen, Schmerzen und psychischen Symptomen führt. Deshalb könnte die Einnahme von Cannabinoiden das Problem entschärfen. Zusätzlich haben Reizdarm-Patienten oft einen niedrigeren Serotoninspiegel. Das hat sowohl Auswirkungen auf die Verdauung als auch auf die Psyche. Es gibt Daten, die zeigen, dass Cannabinoide Serotoninrezeptoren im Gehirn stimulieren. Ähnlich wie Antidepressiva kann CBD den Serotoninspiegel ausgleichen. Insgesamt ist aus wissenschaftlicher Sicht die Datenlage in Bezug auf CBD und Darmbeschwerden, wie dem Reizdarmsysndrom, recht gut und ein Versuch empfehlenswert. 

Spezielle Inhaltsstoffe

Zeolithe sind kristalline Alumosilikate, die in zahlreichen Modifikationen in der Natur vorkommen. In Nahrungsergänzungsmitteln wird Zeolith ca. seit 20 Jahren eingesetzt, primär als fein gemahlenes Zeolith-Mehl.
Es ist zu beachten, dass Zeolith andere Substanzen binden kann, und es ist nicht ausgeschlossen, dass dies auch auf Medikamente zutrifft. Daher sollten Menschen, die regelmäßig Arzneimittel einnehmen müssen, sich bewusst sein, dass die gleichzeitige Anwendung von Zeolith beinhaltenden Präparaten mit einem Wirkverlust von Arzneimitteln verbunden sein kann. Vorsicht vor allem bei Mitteln, deren Wirkung unter keinen Umständen beeinträchtigt werden sollte, wie Blutverdünner, Medikamente bei Krebs oder zur Empfängnisverhütung, Antiepileptika, Antibiotika oder Virustatika. Zeolith-basierende Produkte sind teilweise als Medizinprodukt (auf Basis physikalischer Phänomene) und nicht als Arzneimittel auf dem Markt.
Es gibt mehrere Produkte am Markt die Zeolith beinhalten. Die Wirkung ist zumindest teilweise wissenschaftlich belegt, jedoch sind die Studien nicht unumstritten und die Aussagekraft teilweise mit Vorsicht zu genießen.

Kaffeekohle

Kaffeekohle ist ein aus den Samen verschiedener Kaffee-Arten gewonnenes Pulver. Es wirkt adsorbierend und adstringierend und wird teilweise zur Behandlung von unspezifischen akuten Durchfallerkrankungen verwendet. Zu beachten ist die mögliche Wechselwirkung mit anderen Medizinprodukten, siehe Zeolith. Am Markt sind vorwiegend Kombiprodukte, z.B. mit Kamille und Myrre (myrrhinil).

Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente

Eine starke Stressbelastung führt generell zu einem höheren Bedarf an B-Vitaminen. In diesem Fall kann eine Supplementierung mit einem Mix an B-Vitaminen sinnvoll sein, um die neuronale Funktionalität zu stärken.

Quellenangabe:

Pfefferminzöl: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21489690/
Ashwagandha: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1186/s12970-015-0104-9
Meta-Studie Aloe Vera und Pfefferminze: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/nmo.13951
Kaffeekohle: https://www.myrrhinil.de/
CBD und Endocannabinoid: https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/14728214.2022.2052043?journalCode=iemd20
CBD und Serotonin:
https://www.jnmjournal.org/journal/view.html?doi=10.5056/jnm16001

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